Aufarbeitung des Corona-Unrechts: Unabdingbar!
Sollen die Verantwortlichen der Pandemiepolitik „zur Rechenschaft“ gezogen werden?
„Wenn wir sie nicht zur Rechenschaft ziehen, dann werden sie es wieder tun!" Das sagte vor kurzem der Gouverneur von Florida, Ron DeSantis. Es ging dabei um den Umgang mit den Verantwortlichen der Corona-Politik in den USA.
„Zur Rechenschaft ziehen“? Muss es gleich nach Abrechnung und High Noon klingen, wie in einem Western?, mag sich ein dem Mainstream verbundener Leser fragen. Doch ein derartiger Relativismus zeigt nur, dass die Dimension des Grundproblems nicht erfasst wurde.
„Zur Rechenschaft ziehen“ - wie soll sonst, auch in Deutschland, mit jenen Akteuren umgegangen werden, die die schwersten Grundrechtseinschränkungen seit dem Bestehen der Republik zu verantworten haben? Was soll ein demokratisches Gemeinwesen, für das Freiheit und Pluralismus Werte sind, die nicht zur Disposition stehen, sonst tun? Was sollen Bürger sonst fordern, wenn sie mitansehen mussten, wie ihre Lieben in Krankenhäusern und Heimen aufgrund von Maßnahmen alleine sterben mussten?
Ein staatspolitischer Abgrund
Einem demokratischen Staat soll in einer schweren Krise die Möglichkeiten zugestanden werden, zum Schutz der Bürger auch weitreichende Maßnahmen zu ergreifen. Aber ein Staat, der einerseits Leben schützen will und dafür, andererseits, Menschen Leid zufügt? Das ist keine Politik, die einer Demokratie würdig ist. Die Politik der demokratischen Entgleisung fand ihren Gipfel in einem öffentlichen Impfdruck, der nicht weit von einer gesetzlichen vorgeschrieben allgemeinen Corona-Impflicht entfernt war. Um es klar und deutlich zu sagen: Kein demokratischer Staat darf das Recht haben, Mitbürger zu einer Impfung zu „bewegen“, sei es durch einen direkten oder indirekten Zwang, indem er ihre unveräußerlichen Grund- und Menschenrechte wegnimmt und als Druckmittel benutzt. Wenn Bürger aufgrund einer bestimmten körperlichen Disposition – hier: kein Impfstoff im Körper – aus dem normalen Alltag ausgeschlossen, separiert und wie Aussätzige behandelt werden, dann ist ein Grad staatlicher Gewalt erreicht, der für jede Demokratie unerträglich ist.
Gefährliche Sozialschädlinge – wer hat widersprochen?
„Gefährliche Sozialschädlinge“ – wer hat widersprochen, als während der Corona-Krise Mitbürger so diffamiert wurden? Alleine schon dieser Frage konsequent nachzugehen führt in einen gesellschaftlichen, staatspolitischen und letztlich demokratischen Abgrund. Vor unseren Augen hat sich ein sprachlicher Gewaltexzess vollzogen, synchronisiert mit einem politischen Maßnahmenexzess - akzeptiert von einem erschreckend großen Teil der Gesellschaft.
Im Sommer 2022 hat der FDP-Bundestagsabgeordnete Rainer Stinner Folgendes auf Facebook geschrieben: »Kein Impfgegner wird wie ein Staatsfeind behandelt. Er darf nur, hoffentlich bald, nicht mehr unter die Leute gehen, weil er ein gefährlicher Sozialschädling ist. Aber er hat die Freiheit, sich nicht impfen zu lassen. Aber er hat nicht die Freiheit, mich zu gefährden.«
Wird eine stigmatisierte Gruppe von Menschen als Schädlinge bezeichnet, vollzieht sich ein Akt der Dehumanisierung. Der Mensch wird entmenschlicht und auf die Stufe tierischer Lebewesen wie etwa Zecken, Flöhe, Ratten gestellt. Dieser Mensch „schädigt“ die „Volksgemeinschaft, macht sie krank. Ein viel schlimmerer sprachlicher Angriff ist kaum denkbar. „Der Topos des Sozialschädlings ist in der Semantik der sozialen Frage ideologieübergreifend, in antisemitischen und sozialchauvinistischen ebenso wie in antikapitalistischen Schriften virulent“, heißt es etwa in einem Buch, das sich mit der „Logik des Parasitären“ auseinandersetzt. Wo die Beschimpfung „Sozialschädling“ durch ein Land hallt, ist der Aufruf zur öffentlichen Erniedrigung einer Gruppe nicht mehr weit. Der Spiegel-Kolumnist Nikolaus Blome schrieb in einem von viel Überzeugung und wenig Substanz geprägten Beitrag die Worte in Richtung der „freiwillig Ungeimpften“: „Möge die gesamte Republik mit dem Finger auf sie zeigen.“
Wie konnte das passieren?
Möge die gesamte Republik mit dem Finger auf sie zeigen – Das Corona-Unrecht und seine Täter – so lautet auch der Titel unseres zu einem Beststeller gewordenen Buches, das im November des vergangenen Jahres erschien. Die Welt hat sich in den vergangenen 13 Monaten weitergedreht – aber das Corona-Unrecht liegt wie ein bleierner Mantel über einem demokratischen Trümmerhaufen. Wie konnte es passieren, dass in vorgeblichen funktionierenden Demokratien „gute Demokraten“ eine Gruppe von Mitmenschen zum öffentlichen Hassobjekt degradieren?
Politik und Journalismus obliegt Verantwortung. Wer von einer gesellschaftlich hochgestellten Position gegen Mitbürgern hetzt, die eine unliebsame politische Haltung vertreten, wird dieser Verantwortung nicht gerecht. Politiker – ihre Aussagen sind dokumentiert – haben sich in der Krise für einen Weg entschieden, nämlich den Weg der Spaltung. Selbst unter der Annahme, dass die Corona-Krise tatsächlich so schlimm war, wie von ihnen dargestellt: Es ist eine schamlose Lüge, wenn sie ihr autoritäres und in schwerwiegenden Ansätzen auch totalitäres Verhalten als „Notwendigkeit“ verkaufen. Eine Politik, die von einem gesunden demokratischen Geist geführt wird, muss sich nicht der Repression bedienen. Sie setzt auf die Kraft ihrer Argumente. Und sie hat zu akzeptieren, dass ihre Argumente hinterfragt werden und ihnen nicht Folge geleistet wird. Auch das gehört zur Demokratie! Doch unter der „Corona-Krise“ und dem damit verbundenem „Zwang zu Handeln“ hat die Politik treuebrüchig gegenüber dem demokratischen Geist gehandelt. Der Bürger, der sich entgegen der Anordnung auf einer Parkbank alleine niedergelassen und ein Buch gelesen hat, war plötzlich Staatsfeind. Viele Bürger, wenn nicht nahezu alle, waren bereit, Einschränkungen in Kauf zu nehmen. Aber ein Teil der Bürger war weder dazu bereit sich für dumm verkaufen zu lassen noch zuzulassen, dass ein Staat im Grundrechteentzugsmodus durch Impfdruck an ihren Körper herantritt, und bei Lichte betrachtet, auch noch in ihren Körper eindringen will.
Zum Anstand in einer Demokratie gehört, dass Menschen aufeinander Rücksicht nehmen. Nicht zum demokratischen Anstand gehört, dass Kinder und Jugendliche, die ihre Kindheit und Jugend genau einmal durchleben, unter einem massiven Druck dazu gezwungen wurden, ihre freiheitlichen Grundrechte aufzugeben. Von der Aussage des Comedian Jan Böhmermanns, „Was die Ratten in der Zeit der Pest waren, sind Kinder zurzeit“ einmal ganz abgesehen.
(Foto von Markus Spiske auf Unsplash)
Parlamente, Politik, Justiz? Düster wird’s
Der Philosoph Michael Andrick schrieb in einem im November des vergangenen Jahres für die Berliner Zeitung veröffentlichten Artikels im Hinblick auf die Abgründe der Corona-Politik: „War dies möglich, so ist alles möglich.“ In diese Worte sollte man genau hineinhören. In ihnen liegt begründet, warum Bürger heute eine Aufarbeitung des Corona-Unrechts fordern. Und ja: Warum auch von „zur Rechenschaft ziehen“ die Rede ist. Ein demokratisch verfasstes Gemeinwesen, in dem im negativsten Sinne alles möglich ist, muss sich im Interesse seiner eigenen Verfasstheit den Entwicklungen und Entscheidungen stellen, die zu einem fundamentalen Demokratiebruch geführt haben. Dass Andricks Aussage nicht aus der Luft gegriffen ist, verdeutlichte der Kanzler der Bundesrepublik höchstpersönlich. Olaf Scholz sagte in Bezug auf die Maßnahmen kurz vor Weihnachten 2021: „Für meine Regierung gibt es keine roten Linien mehr.“
Wo war der Aufschrei der Demokraten? Scholz‘ Aussage und das Ausbleiben der Kritik passten zum gesellschafts- und staatspolitischen Demokratiebruch.
Mit einer erschreckenden Konsequenz war es unter diesem „Geist“ folgerichtig, dass Mitmenschen um uns herum nicht „nur“ durch Beschimpfungen und Hasstiraden traktiert wurden. Nahezu alle Schutzzonen, in die Bürger in einer Demokratie bei staatlichen An- und Übergriffen flüchten können, boten keinen ausreichenden Schutz mehr. Parlamente? Politik? Justiz? Medien? Gewerkschaften? Kirchen? Zivilgesellschaft? Düster wird’s.
Dem politischen Maßnahmenexzess stand vielfach eine Justiz gegenüber, die der Politik mit einem „Rechtsverständnis“ den Rücken gestärkt hat, das einer eigenen Aufarbeitung bedarf. In einem Beitrag für das Magazin Cicero schreibt der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, sowohl der Justiz als auch der Politik einiges ins Stammbuch. Auch berechtigte Forderungen nach effektiven Infektionsschutzmaßnahmen durch den Staat rechtfertigten, so Papier keine „autokratische Regierungsstruktur“, womit er meint: „Die Suspension der Freiheitsrechte zugunsten eines auf Obrigkeit, Reglementierung, Überwachung“ ausgerichteten Staates, der seine Bürger „mehr oder weniger als Untertanen“ behandelt.
Die Rechtsanwältin Jessica Hamed hat früh Mandanten vertreten, die sich gegen gegen Corona-Maßnahmen zur Wehr setzen wollten. Auf der Plattform „X“ (früher Twitter) sagte sie, Papier „hebt das Kernproblem der Corona-Krise hervor, das ich jahrelang in Schriftsätzen angemahnt habe: das selbstverschuldet Nichtwissen“. Sie meint damit, dass Gerichte sich sehr schwer damit getan haben, sich eigenständig über die realen Grundlagen der Maßnahmen zu informieren.
Wie deutlich müssen die eklatanten Grenzüberschreitungen während der Corona-Krise durch Politik und Justiz noch angesprochen werden?
Den Gewaltakten muss Aufarbeitung folgen
Ende Oktober kam es zwischen Professor Stefan Huster und mir zu eine diskussionshaften Austausch auf „X“. Der Staatsrechtler wurde während der Pandemie zum Vorsitzenden der Corona-Evaluationskommission berufen, er ist Mitglieder der Leopoldina. Auf die Frage, ob er in Anbetracht der bekanntgewordenen Impfschäden mittlerweile Gewissensbisse im Hinblick auf seine Forderung nach einer Corona-Impfpflicht habe, antwortete Huster: „Null Gewissensbisse, mir geht es blendend.“
Menschen sollten nicht zur Einsicht gezwungen werden. Einer verantwortungsvollen Politik obliegt es aber, Politik in einem einsichtsfähigen Umfeld zu gestalten. Die aus einer exzessiven Maßnahmenpolitik entstandenen Gewaltakte gegen Grund- und Menschenrechte verweisen auf eine Politik und ein Umfeld, dessen „Einsichtsfähigkeit“ noch das geringste Problem ist.
Ein Jahr nach „Möge die gesamte Republik mit dem Finger auf sie zeigen – Das Corona-Unrecht und seine Täter“ lässt sich sagen: Verantwortliche der Corona-Politik haben kein Interesse an einer Aufarbeitung. Die schwersten Grundrechtseinschränkungen seit Bestehen der Republik sollen so abgetan werden, als ginge es um eine geringfügige Erhöhung kommunaler Abfallgebühren. Aufseiten vieler Verantwortlicher ist eine Arroganz und Ignoranz zu erkennen, die das Bild der desaströsen Corona-Politik eindrucksvoll bereichert. Auch deshalb: An einer kritischen, umfassenden und konsequenten Aufarbeitung der Coronapolitik führt kein Weg vorbei. Im Sinne der Demokratie ist die Aufarbeitung des Corona-Unrechts unabdingbar!
Den Republikaner DeSantis darf jeder, selbstverständlich, mögen oder nicht. Aber die Warnung des Gouverneurs gilt auch für Deutschland, die Schweiz, Österreich und viele weitere Länder: „Wenn wir sie nicht zur Rechenschaft ziehen, dann werden sie es wieder tun!“
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